Entwicklung einer virtuellen Synchronmaschine für den Einsatz in unterbrechungsfreien Stromversorgungen

Problem:

Die Qualitätsanforderungen an die Stromversorgung von Industrie-, Kommunikations- und Datenverarbeitungsanlagen nehmen immer weiter zu. Zur Sicherung der Spannungsqualität unabhängig von der Spannungsversorgung durch das öffentliche Netz kommen üblicherweise unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV) zum Einsatz.

USV-Anlagen sind Stand der Technik. Der parallele Betrieb mehrerer, dafür vorbereiteter USV-Anlagen ist ebenfalls befriedigend gelöst. Weitgehend ungelöst ist die nachträgliche Erweiterung bestehender USV-Anlagen.

Ziel:

Ziel des EFRE-Projekts „Entwicklung einer virtuellen Synchronmaschine für den Einsatz in unterbrechungsfreien Stromversorgungen“ ist die Entwicklung eines Wechselrichters samt zugehöriger Regelung, der zur Leistungserhöhung einer bestehenden USV-Anlage eingesetzt und ohne Kommunikation mit dieser betrieben werden kann.

Projektstand:

Zur Realisierung der Regelung wurde das Konzept der virtuellen Synchronmaschine (VISMA) umgesetzt und an die Anforderungen in unterbrechungsfreien Stromversorgungsanlagen adaptiert. Eine VISMA ist das mathematische Modell einer elektromechanischen Synchronmaschine, das zur Ansteuerung von Wechselrichtern genutzt wird, um mit diesen das Verhalten realer Synchronmaschinen nachzubilden. Das Konzept ermöglicht es, mit Umrichtersystemen die von Synchronmaschinen bekannten netzstabilisierenden Eigenschaften bereitzustellen.

Abbildung 1 zeigt das Prinzip zur Leistungserweiterung einer USV-Anlage. Die konventionellen USV arbeiten netzbildend. Sie regeln die Spannung im gesicherten USV-Netz. Um die Leistung der Anlage zu erhöhen, können USV-VISMA-Wechselrichter, die sich wie Stromquellen verhalten, parallel zugeschaltet werden. Die Parallelschaltung von Stromquellen ist gegenüber der Parallelschaltung von Spannungsquellen unkritisch. Die Erweiterung des USV-Systems durch VISMA-Wechselrichter wirkt aus Sicht der USV wie eine Verringerung der Verbraucherleistung.

Zur Leistungsregelung der USV-VISMA-Wechselrichter, wird nur eine Messstelle zur Erfassung des Leistungsflusses in das Lastnetz benötigt. Das bedeutet, auf eine spezielle Kommunikationsschnittstelle zur konventionellen USV bzw. zu deren Regler kann verzichtet werden. Lediglich die Anzahl der momentan aktiven USV-Anlagen und USV-VISMAs muss bekannt sein. Diese Information wird in der Regel von allen USV-Anlagen zur Verfügung gestellt und lässt sich ohne Modifikation der bestehenden Anlagen über binäre Statussignale abgreifen.

Die Leistungserfassung am Lastabgang und die Leistungsregelung der USV-VISMA müssen in Echtzeit erfolgen. Insbesondere beim Abschalten von größeren Lasten im gesicherten Netz muss die USV-VISMA unverzüglich reagieren und ihre Leistungsbereitstellung zurücknehmen können, um eine Rückspeisung in die konventionelle USV-Anlage zu verhindern. Eine Rückspeisung würde im schlimmsten Fall zu einer Abschaltung der USV und damit zur Destabilisierung bzw. zum Zusammenbruch des gesicherten Netzes führen.

Im Rahmen des EFRE-Projekts erfolgte die Konstruktion und Erprobung eines Wechselrichters (Abbildung 2) zur Wirkleistungserhöhung bestehender USV-Anlagen bzw. zur Erhöhung/Schaffung der Redundanz. Der Wechselrichter wurde auf eine Leistung im Bereich von 10 – 100 kVA ausgelegt. Die Regelung der Ausgangsleistung des Wechselrichters geschieht ohne Kommunikation mit der bestehenden USV und basiert auf der Lastmessung am Einspeiseknoten, was Modifikationen und insbesondere Eingriffe in die Messinfrastruktur der vorhandenen Anlage erspart.

Um die USV-typischen Anforderungen zu erfüllen wurde die auf dem Konzept der „virtuellen Synchronmaschine“ basierende Regelung des Wechselrichters um die bei USV-Anlagen erforderlichen Eigenschaften erweitert und an die in USV-Netzen herrschenden Bedingungen angepasst. Insbesondere die starre Frequenz im USV-Netz und die Schieflastfähigkeit von USV-Anlagen stellten eine Herausforderung dar.

Im Zuge des Projekts wurde die reine Wirkleistungsbereitstellung durch die VISMA umgesetzt. Dabei speist der USV-VISMA-Wechselrichter einen festen Wirkleistungsbetrag symmetrisch auf allen drei Phasen ein, sobald eine gewisse Leistungsanforderung im gesicherten Netz überschritten wird. Fällt die Leistung wieder unter den Schwellwert, der in Abhängigkeit der Nennleistung der USV gewählt wird, schaltet sich die USV-VISMA ab.

Die Funktion der USV-VISMA wurde mit einem Versuchsaufbau (Abbildung 3) getestet und untersucht. Für die Versuche wurde die konventionelle USV durch das öffentliche Netz in Kombination mit einer entsprechenden Filterschaltung nachgebildet. Diese Vereinfachung ist zulässig und ermöglicht es, das Verhalten, insbesondere das Zu- und Abschaltverhalten und die evtl. mögliche Rückspeisung, des parallel geschalteten USV-VISMA-Wechselrichters zu untersuchen.

Mit dem Versuchsaufbau und den durchgeführten Messungen (Abbildung 4) konnte im Rahmen des Projekts gezeigt werden, dass die Leistungserweiterung einer bestehenden USV-Anlage durch reine Wirkleistungsbereitstellung von einem USV-VISMA-Wechselrichter mit entsprechender Regelung möglich ist. Dabei versucht die Regelung die Rückspeisung in die USV zu vermeiden, da das Rückspeiseverhalten marktverfügbarer USV-Anlagen nicht hinreichend bekannt ist.

Abbildung 4

Das Projekt wurde im Jahr 2011 abgeschlossen.

Projektpartner:

dbr consult ingenieurgesellschaft, Osterode

Förderung:

Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE)


Technische Universität Clausthal
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